Aufeinander achten
Präventionskonzept der weiterführenden Don-Bosco-Schule
0 Vorwort
Jeder Mensch ist ein individuelles Geschöpf Gottes. Die Begleitung und Entwicklung der uns anvertrauten Schülerinnen und Schüler und die Schaffung einer respekt- und vertrauensvollen Arbeitsatmosphäre ist unser gesellschaftlicher, christlicher und gesetzlicher Auftrag. Dafür braucht es Aufmerksamkeit, Sensibilität und Toleranz im Umgang miteinander und mit Fehlern. Alle an unserem Schulleben Beteiligten sollen sich sicher, angenommen und geborgen fühlen. Die Grenzen des Gegenübers müssen erkannt und respektiert werden. Es liegt in unserer Verantwortung, Risiken für Grenzüberschreitungen wahrzunehmen, zu bearbeiten und auszuschließen.
Das vorliegende Schutzkonzept soll helfen, mögliche Gefährdungen im System Schule zu erfassen, ihnen vorzubeugen und den Umgang damit festzulegen. Dies erfolgt auf der Grundlage von Nr. 3 der „Rahmenordnung – Prävention gegen sexualisierte Gewalt an Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“ vom 28. November 2019 (nachfolgend: Rahmenordnung Prävention).
Der Verhaltenskodex als Grundlage für einen respektvollen Umgang miteinander wird ebenso aufgezeigt wie Aspekte der Prävention, Möglichkeiten der Sensibilisierung sowie das vorgeschriebene Vorgehen in Verdachtsfällen.
Ausführungen zum Qualitätsmanagement und Handlungsleitfäden schließen das Konzept ab.
Unser Leitbild „Ihr seid zur Freiheit berufen.“ (Gal 5,13) bestimmt unsere tägliche Arbeit. Es ist Zuspruch und Herausforderung gleichermaßen, vor allem auch für das sensible Thema der Prävention.
Hinweis:
Zur besseren Lesbarkeit wird im folgenden Text das generische Maskulinum verwendet. Die in diesem Konzept verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich – sofern nicht anders kenntlich gemacht – auf alle Geschlechter.
1 Formen von Gewalt - Begriffsbestimmungen
Unter dem Begriff Gewalt ist der körperliche oder auch psychisch wirkende Zwang zu verstehen, der durch Kraft oder ein sonstiges Verhalten entsteht. Ziel ist es, die freie Willensbildung und
-betätigung der anderen Person unmöglich zu machen oder zumindest zu beeinträchtigen. Es wird zwischen verschiedenen Arten von Gewalt unterschieden: körperliche/physische Gewalt, psychische/seelische, sexuelle bzw. sexualisierte, soziale, ökonomische, häusliche Gewalt sowie der Androhung von Gewalt.[1]
Gewalt beinhaltet immer das Verletzen von Grenzen. Die Auswirkungen dieser Grenzverletzungen sind weitreichend und unterschiedlich in ihren Ausprägungen. Oft werden diese in ihrer Reichweite nicht überblickt oder sogar unterschätzt. Opfer und Täter, Missbrauch von Macht, Angst, Wut, aber auch Wiedergutmachung und gegebenenfalls Verzeihen sind wesentliche Bestandteile von Grenzverletzungen und dem Umgang damit.
Folgende Unterscheidungen empfehlen sich: unabsichtliche Grenzverletzungen, Übergriffe und strafrechtlich relevante Formen der Gewalt.
Von unabsichtlichenGrenzverletzungen kann gesprochen werden, wenn ein grundsätzlich respektvoller Umgang miteinander besteht und zum Beispiel nur eine einmalige oder seltene Missachtung einer adäquaten körperlichen Distanz oder des respektvollen Umgangs erfolgt.
Im Gegensatz dazu wird bei Übergriffen Kritik am Verhalten nicht beachtet, die Reaktion der Opfer missachtet und keine Verantwortung für das eigene Verhalten übernommen. Opfer oder Zeugen werden abgewertet. Es handelt sich um Mobbing, wenn Kollegen oder Kinder systematisch, gezielt und über einen längeren Zeitraum ausgegrenzt werden.
Zu strafrechtlich relevanten Formen der Gewalt gehören unter anderem Erpressung, sexuelle Nötigung, körperliche Gewalt und sexueller Missbrauch.[2]
Das Vorleben und Vermitteln eines authentischen und grenzachtenden Umgangs miteinander im schulischen Rahmen ist von großer Bedeutung. Der adäquate Umgang mit Fehlern – von der Thematisierung über die aufrichtige Entschuldigung bis zur Ermöglichung der Wiedergutmachung – wird aktiv gelebt und so eine konstruktive Fehlerkultur gepflegt.
Grenzverletzungen können auch im schulischen Alltag zufällig und unabsichtlich geschehen oder gezielt und bewusst. Sie können Hinweise sein auf
- unterschiedliche Ausprägung des Einfühlungsvermögens,
- fachliche oder persönliche Verfehlungen,
- Mangel an eindeutigen Normen und Regeln in der Schule.
Die Einstufung eines Verhaltens als „grenzverletzend“ beruht sowohl auf dem objektiven als auch subjektiven Erleben von allen am Schulleben Beteiligten.
2 Risikoanalyse
Die Risikoanalyse dient als Grundlage für die Erstellung eines institutionellen Schutzkonzeptes. Sie stellt die Voraussetzung dar, um sich an der Don-Bosco-Schule mit dem Thema Gewalt auseinanderzusetzen. Ziel der Analyse ist es, bestehende Risiken und Gefahrenpotentiale alle an Schule Beteiligten im Schulalltag zu ermitteln sowie schon bestehende Schutzfaktoren zu erfassen. Anhand der Erkenntnisse aus der Risikoanalyse wird das Schutzkonzept entwickelt.
Die Risikoanalyse dient der Sensibilisierung, Enttabuisierung und Begriffsschärfung von Gewalt und stößt einen Prozess der Auseinandersetzung mit der Thematik an. Sie kann gleichzeitig als Präventionsmaßnahme angesehen werden.
2.1 Gefährdete Personen
An der weiterführenden Don-Bosco-Schule lernen 650 Kinder und Jugendliche ab der Klassenstufe 5 und ca. 70 Erwachsene arbeiten hier als Lehrkräfte und im Servicebereich. Allen ist das System Schule in Abgrenzung zur Familie und zum Freizeitbereich als Ort des Lernens und Lebens bekannt.
Unsere Schülerinnen und Schüler sind dadurch, dass sie den Altersgruppen von 10 bis ca. 19 Jahren angehören, aufgrund ihres Alters und der damit verbundenen individuellen Entwicklungsstufen auf der Beziehungsebene sehr unterschiedlich ansprechbar und erreichbar.
Unsere Erfahrungen zeigen, dass die Kinder der Orientierungsstufe (Klasse 5 und 6) vor allem in ihren Klassenlehrern enge Vertrauenspersonen sehen. Ab der 7. Jahrgangsstufe, die auch eine Zäsur in der Zusammenstellung der Klassen bedeutet und die Lerngruppen für vier oder sechs Jahre festlegt, sind die Jugendlichen zunehmend weniger auf Lehrerinnen und Lehrer als Vertrauenspersonen ausgerichtet. Sie haben ihren Fokus zum Austausch unter Gleichaltrigen, in der Familie, aber oft auch in sozialen Netzwerken. Der angemessene und professionelle Umgang der Lehrkräfte mit Nähe und Distanz gegenüber den unterschiedlichen Altersgruppen stellt demzufolge eine alltägliche Herausforderung dar. Besonders gefährdet sind Kinder mit einem instabilen Lebenshintergrund wie beispielsweise aufgrund schwieriger Familienverhältnisse. Auch gesundheitliche Einschränkungen physischer und psychischer Ausprägung müssen besonders in den Blick genommen werden. Darüber hinaus ist aber auch ein Blick auf das, was die Jugendlichen wegen ihrer kulturellen Hintergründe, in ihren sozialen Räumen und im digitalen Raum gefährdet, von Bedeutung.
Neben den Kindern und Jugendlichen gibt es auch für alle an der Schule tätigen Erwachsenen Gefahrenpotentiale. Diese ergeben sich aus den gewachsenen Strukturen, die durch Kommunikationsmuster, Verhaltensweisen und Hierarchien bestimmt sind und bewusst gemacht werden müssen. Besondere Gegebenheiten entstehen, wenn Lehrerinnen mit Schülern oder Lehrer mit Schülerinnen in eine Konfliktsituation geraten oder wenn von einer der beiden Seiten die Distanz nicht eingehalten wird.
2.2 Gefährdende Situationen
Die in der Schule bestehenden Strukturen können zum Teil als Machtgefälle betrachtet werden, das nicht ausgenutzt werden darf. Es gibt Verhaltensweisen und Situationen, die sensibel in den Blick zu nehmen sind. Eine Verschärfung kann entstehen, wenn sich zwei Personen allein in einem nicht einsehbaren Raum aufhalten.
Sensible Situationen im schulischen Rahmen sind:
- Bevorzugung oder Benachteiligung,
- Disziplinierungsmaßnahmen,
- Ignorieren oder nicht Ernstnehmen individueller Grenzen,
- ironische und/oder anzügliche Bemerkungen,
- unangemessene Komplimente, Kosenamen,
- Körperkontakt (z. B. beim Begrüßen, Beraten, Beruhigen, Trösten),
- Bringe-/ Abhol-/ Mitnahmesituationen (z. B. bei plötzlich auftretender Krankheit oder spontaner Mitnahme in einer Notsituation),
- Umkleidesituationen,
- Duschen, Baden, Schwimmen (z. B. im Schwimmunterricht oder auf Klassenfahrten),
- Sportunterricht (Hilfestellung),
- Chorproben und Proben im Darstellenden Spiel,
- Einzelbegegnung (z. B. pädagogisches Gespräch mit Schülern und/oder Eltern, Einzel- und Förderunterricht, Schulbegleiter),
- Toilettengang,
- unbeaufsichtigte Schulwege,
- Heimweh (Klassenfahrt),
- freizügige Kleidung bei Mitarbeiter/innen und Schüler/innen,
- Foto- und Filmaufnahmen mit dem Handy,
- Erste-Hilfe-Situationen,
- Schlafen, Übernachten (auch auf Klassenfahrten),
- Geschenke machen / Geschenke bekommen,
- privater Kontakt zu betreuten Kindern und Jugendlichen.
2.3 Risiken durch Mitarbeitende im System Schule
Neben den fest angestellten Lehrkräften, Mitarbeitenden in Freiwilligendiensten und Servicekräften gibt es auch ehrenamtlich tätige Personen, die im Schulhaus und Schulalltag unterwegs sind. Für alle können Situationen entstehen, in denen es zu Grenzüberschreitungen oder -verletzungen kommen kann:
- Überforderung durch
- pädagogisch herausfordernde Situationen,
- Personalengpässe,
- Erwartungen von Eltern, des Trägers und von Kollegen,
- ehrenamtliches/nichtpädagogisches Personal
- in der Berufs- und Studienorientierung,
- in Projekten mit externen Veranstaltern,
- im Nachmittagsbereich,
- Aufnahme und nicht ausreichende Begleitung von neuen Mitarbeitern oder Praktikanten,
- persönliche Krisen einzelner Mitarbeiter,
- Umgang mit Freundschaften/Liebschaften/Rivalitäten im Team.
2.4 Strukturen im System Schule
Die Struktur des Schullebens und des Schulalltags beinhaltet sensible Bereiche, in denen Entscheidungen zu treffen sind und Verhalten gefordert ist, bei denen persönliche Grenzen und deren Einhaltung besonders wichtig sind. Besondere Gefahren ergeben sich durch folgende Situationen:
- Abhängigkeiten durch hierarchische Strukturen,
- unklare und intransparente Entscheidungsprozesse und –strukturen, z. B. beim Umgang mit Fehlverhalten,
- erzwungene Geheimhaltung,
- unzureichender Austausch und mangelhafte Feedbackkultur im Team,
- unangemessener Umgang mit Kritik an Entscheidungen und Verhaltensweisen.
2.5 Räumliche Gegebenheiten
Die Vielzahl unterschiedlicher Orte und Räume in und um Schule, in denen es potenziell zu Grenzverletzungen und unterschiedlichen Formen von Gewalt kommen kann, lässt sich folgendermaßen kategorisieren und erfassen:
- Zugänglichkeit von Gelände und Gebäude für Fremde
- offener Schulhof von Kurt-Tucholsky-Straße, Fußweg zwischen Kita und Grundschule und Sportplatzzufahrt
- vier Eingänge ins Schulgebäude, tagsüber offen
- Toiletten
- nicht abgeschlossener Urinalbereich in den Jungen-Toiletten
- von innen abschließbare Schüler- und Lehrertoiletten
- unbeobachtete Räume
- Kellerbereich und Nischen unter den Kellertreppen
- Fahrstuhl
- Raum der Stille
- Nischen in der Bibliothek
- Einzelübungsräume Musik
- Raum der Sozialpädagogin
- Sammlungsräume beim Fahrstuhlschacht und neben dem Raum der Stille
- Sanitätsraum
- Vorbereitungsräume Kunst und im NaWi-Bereich
- Umkleideräume Sport
- Nebenräume der Produktionsküche
- Serverraum
- Einblicke von außen
- Konferenzraum
- Besprechungsräume
- Lehrerzimmer
- Musikraum im Erdgeschoss
- Werkraum und NaWi-Räume
- Arbeitsbereiche Sekretariat und Schulleitung
- Lehr- und Produktionsküche
- unbeobachtete Räume im Außenbereich
- Hausmeisterschuppen
- Hasengehege
- hinter dem Element der Berliner Mauer
- hinter der Kletterwand
- Parkplatz
2.6 Auswertung der Risikoanalyse
Aus der Auseinandersetzung mit den Risiken, die durch die Arbeit und das Leben in unserer Schule entstehen können, ergeben sich folgende Erkenntnisse: Trotz der einladenden Atmosphäre und des grundsätzlich wohlwollenden und wertschätzenden Umgangs gilt es immer, den Blick wachzuhalten für Situationen, die Gefahrenpotenziale für das Entstehen von unterschiedlichen Formen von Gewalt begünstigen. Wir schaffen Offenheit und Transparenz und machen unser pädagogisches Handeln für alle am Schulleben Beteiligten nachvollziehbar und beteiligen sie weitgehend an Entscheidungen. Wichtig ist, dass wir Möglichkeiten und Räume eröffnen, in denen Probleme wahrgenommen und bearbeitet werden. Die konsequente Einhaltung von professioneller Nähe und Distanz ist für alle Mitarbeitenden und Ehrenamtliche ein entscheidender Faktor für das Gelingen der pädagogischen Arbeit. Die Don-Bosco-Schule möchte Formen für die kritische Eigen- und Fremdevaluation entwickeln und Räume für den professionellen Austausch darüber schaffen.
Körperlicher Kontakt ist im pädagogischen Handlungsraum zu vermeiden und sprachlicher Austausch ist unabdingbar. Daher werden die Risiken der Grenzverletzungen bewusst gemacht und Alternativen angeboten. Damit soll die Sensibilisierung gegenüber potenziellen Gefahren bewirkt werden. Situationen zwischen Pädagogen, Kindern, Jugendlichen und Mitarbeitenden untereinander in Momenten emotionaler Nähe (z. B. Trauer; besondere Belastung) können besondere Gefahren bergen. Diese Situationen müssen insbesondere von allen Erwachsenen sensibel reflektiert werden, aber auch die uns anvertrauten Schüler aller Altersgruppen müssen befähigt werden, Gefahren zu erkennen und zu umgehen.
Kollegialer Austausch und Supervision sollten von den Mitarbeitenden über die Selbstreflexion hinaus in Anspruch genommen werden. Gerade von den Personen der Schulleitung wird besondere Sorgfalt erwartet, da sie durch das hierarchische Gefälle zu Mitarbeitenden in häufiger und in besonderer Form mit emotionalen Ausnahmesituationen befasst sind. Ebenso besteht ein hierarchisches Gefälle zwischen Erwachsenen und Schülern aller Altersgruppen, das sensibel in den Blick zu nehmen ist.
Der wache Umgang mit baulichen Besonderheiten soll verstärkt der Vermeidung von Gefahrenpotenzialen dienen. Gegebenenfalls müssen Überlegungen zur baulichen Veränderung, Umgestaltung oder Umwidmung von Räumen angestellt werden.
Wir haben festgestellt, dass Sensibilität, Haltung und Transparenz enorm wichtig sind, um Risiken zu begegnen. Alle Mitarbeitenden innerhalb unserer Schule müssen sich ihrer Rollen und ihrer Verantwortlichkeiten gegenüber Schutzbefohlenen und anvertrauten Menschen bewusst sein. Die im Folgenden dargestellten Überlegungen und Maßnahmen sollen diese Grundhaltung widerspiegeln und den Bemühungen für ein sicheres und würdiges Lernen und Lehren an der Don-Bosco-Schule einen Rahmen geben.[3]
3 Verhaltenskodex als Präventionsgrundlage
Mit unserem Verhaltenskodex schaffen wir einen klaren und konkreten Orientierungsrahmen für alle beruflichen und ehrenamtlichen Mitarbeiter. Dieser dient dazu, ein fachlich adäquates Nähe-Distanz-Verhältnis, einen respektvollen Umgang und eine offene Kommunikationskultur sicherzustellen und die Mitarbeiter vor einem falschen Verdacht zu schützen. Alle Beteiligten werden damit in ihrem Bewusstsein für die Grenzen zwischen Wohl- und Unwohlsein des Gegenübers sensibilisiert, da uns bekannt ist, dass diese häufig aus Versehen oder mit Absicht überschritten werden und erste Vorwarnungen für Gewalt sein können. Mit dem Verhaltenskodex möchten wir viel früher kollegial und fehlerfreundlich interagieren können und dies ganz im Sinne einer Kultur des Vertrauens, der Aufrichtigkeit und Achtsamkeit.
Ein grenzachtender Umgang miteinander ist ein effektiver Schutz gegen diskriminierende und gewalttätige Übergriffe aller Art. Die uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen werden für den bewussten Umgang mit ihren Gefühlen und persönlichen Grenzen sensibilisiert. Dies geschieht auf der Grundlage des Leitbildes unserer Schulstiftung (siehe Anhang 1), welches geprägt ist durch das christliche Menschenbild. Jeder Mensch wird in seiner Einzigartigkeit respektiert und geschützt. Das bedeutet im Einzelnen:
3.1 Gestaltung von Nähe und Distanz
In der pädagogischen, erzieherischen und pastoralen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ist stets ein adäquates Verhältnis von Nähe und Distanz notwendig.
Die Beziehungsgestaltung muss dem jeweiligen Auftrag entsprechen und stimmig sein. Dabei ist darauf zu achten, dass keine emotionalen oder körperlichen Abhängigkeiten entstehen oder entstehen könnten. Die Verantwortung liegt immer bei den beruflichen und ehrenamtlichen Bezugspersonen, nicht bei den betreuten Kindern und Jugendlichen. Es ist die Aufgabe der Bezugspersonen, das eigene professionelle Handeln in Hinsicht auf Nähe und Distanz zu reflektieren und zu regulieren. Wir sind uns bewusst, dass Bindung eine Basis für Bildung darstellt und dabei der individuelle Entwicklungsstand des einzelnen Kindes und Jugendlichen berücksichtigt werden muss.
- Einzelgespräche, Übungseinheiten und individualpädagogische Maßnahmen finden nur an dafür geeigneten Orten statt und müssen jederzeit von außen zugänglich sein. Wir achten hierbei auf Absprachen im Team und Kollegium.
- Individuelle Bedürfnisse des einzelnen Kindes und Jugendlichen werden situationsorientiert berücksichtigt, wobei jede pädagogische Fachkraft hierbei dem Kind/Jugendlichen ihre individuellen Grenzen respektvoll und achtsam verdeutlicht, denn alle am Schulleben Beteiligten müssen untereinander Grenzen erkennen und wahren.
- Die äußere Erscheinung und Kleidung aller am Schulleben Beteiligten ist angemessen zu gestalten. Hinweise zur Körperhygiene und Körperpflege werden behutsam angebracht.
- Nähe und Distanz ist sowohl im Umgang zwischen Erwachsenen als auch im Umgang mit bzw. zwischen Schülern konsequent zu wahren. Das Zulassen von Nähe bedarf in Ausnahmesituationen in jedem Fall der beiderseitigen Zustimmung.
- Alle Erwachsenen sind sich des Risikos bewusst, dass emotionale Abhängigkeiten als Täterstrategie missbraucht werden können.
- Ein Kind/Jugendlicher darf nicht besonders bevorzugt, benachteiligt, belohnt oder sanktioniert werden, es sei denn, es ist pädagogisch begründet und notwendig und im entsprechenden Team abgesprochen.
- Unser pädagogisches Handeln wird im Team reflektiert in Form von kollegialer Beratung und ggf. werden entsprechende Handlungsmöglichkeiten entwickelt.
- Bestehen private Kontakte zu Schülern, gilt auch hier ein wachsamer Umgang in Fragen von Nähe und Distanz. Die Inanspruchnahme von Hilfsleistungen durch Schüler im privaten Umfeld (z. B. Babysitting etc.) ist zu vermeiden.
Verhalten im Sport- und Schwimmunterricht
Sportzeiten und Schwimmbadbesuche gehören sowohl zum Schulunterricht als auch zum freizeitpädagogischen Alltag. Im Sportunterricht entstehen durch Bewegungsaufgaben wie Fangen, Akrobatik, Kooperationsspiele oder auch Hilfestellungen Momente der Nähe. Alle Sportlehrkräfte setzen sich dafür ein, dass derartige Übungseinheiten unter Wahrung des Schutzes der Schüler stattfinden. Außerdem ist besonders auf geschützte Umkleidebereiche beim Sportunterricht oder bei sportlichen Veranstaltungen zu achten.
- Schüler und Lehrer tragen im Sportunterricht angemessene, funktionelle Kleidung.
- Das Betreten der Umkleideräume im Sport- und Schwimmunterricht durch die Lehrkräfte ist zu vermeiden. Situationen mit begründeter Sorge stellen Ausnahmen dar. Die betreuende Person klopft dann vor dem Eintreten an und wartet eine angemessene Zeitspanne ab (siehe Konzept der Fachschaft Sport).
- Notwendigkeit, Sinn und Art von Hilfestellungen im Sportunterricht werden im Vorfeld mit den Schülern besprochen. Dies gilt ebenfalls, wenn Schüler untereinander Hilfen geben. In akuter Gefährdungslage wird in der Situation angemessen reagiert und anschließend das Gespräch gesucht.
- Sollten die Umkleideräume in der Turnhalle nicht wie üblich zur Verfügung stehen (z. B. beim Sportfest), erfolgt das Umkleiden in alternativen Räumen, für die ebenfalls darauf zu achten ist, dass sie geschützte Bereiche darstellen.
Schulfahrten
- Eine Klassenfahrt hebt die Einschränkung der Privatsphäre noch einmal auf eine andere Ebene. Hier soll besonders darauf geachtet werden, dass jeder Schüler und auch jeder Erwachsene ein Mindestmaß an Privatsphäre hat. Auch auf andere hier aufgeführte Aspekte zur Distanzwahrung, wie zum Beispiel angemessene Kleidung, muss in besonderem Maße geachtet werden.
- Bei der Organisation von Fahrten ist darauf zu achten, dass sowohl weibliche als auch männliche Betreuungspersonen eingeplant werden. Sollte dies aus schulorganisatorischen Gründen nicht möglich sein, muss dies den Sorgeberechtigten kommuniziert werden.
- Wenn ein Kind nachts nicht schlafen kann, muss im Einzelfall entschieden werden, welche Nähe für das Kind / den Jugendlichen als Trost angebracht ist. Das gemeinsame Übernachten in einem Bett ist eine klare Grenzüberschreitung.
3.2 Angemessenheit von Körperkontakt und Beachtung der Intimsphäre
- Körperliche Berührungen können Teil von pädagogischen Begegnungen sein, mit denen achtsam umgegangen wird. Es geht nicht darum, diese grundsätzlich zum Problem zu erklären. Sie setzen die freie und in besonderen Situationen auch die erklärte Zustimmung durch die Betroffenen voraus, d. h. der ablehnende Wille ist immer zu respektieren.
- Die Erwachsenen achten bei körperlicher Nähe – auch in Vorbildfunktion – auf eigene Grenzen und ergreifen Maßnahmen zum Selbst- oder Fremdschutz.
- Insbesondere in Trost-, bei Pflege- und Erste-Hilfe-Situationen hat in unserer Schule ein achtsamer, behutsamer Umgang mit handlungsbereiter Kommunikation hohe Priorität.
- Das Recht aller Kinder und Jugendlichen auf Intimsphäre ist uns sehr wichtig. Wir achten darauf, dass Kinder/Jugendliche ihre geschützten Toiletten- und Umkleideräume haben.
- Wir achten die individuellen Unterschiede und die soziokulturelle Vielfalt.
3.3 Sprache, Wortwahl und Kleidung
Durch Sprache und Wortwahl können Menschen zutiefst irritiert, verletzt oder gedemütigt werden. Bemerkungen und Sprüche, aber auch sexuell aufreizende Kleidung von Mitarbeitenden, Kindern und Jugendlichen können zu einer Sexualisierung der Atmosphäre beitragen und zu Irritationen führen.
- Mitarbeiter verwenden keine sexualisierte Sprache oder Gestik, ebenso keine anzüglichen oder abfälligen Bemerkungen und Bloßstellungen. Sie dulden dies auch nicht unter den Kindern und Jugendlichen und weisen in angemessener Form darauf hin.
- Sexualität ist bei Kindern und Jugendlichen auch Gesprächsthema untereinander. Erwachsene werden zum Teil in Form von Fragen damit konfrontiert oder weil sie Zeuge davon werden. Besonders zu beachten ist in den Reaktionen darauf, die sachliche Ebene nicht zu verlassen und vor allem nicht in eine sexualisierte Sprache zu verfallen. Im Biologieunterricht der Mittelstufe spielt die angemessene Sprache eine wichtige Rolle.
- Mitarbeitende sowie Kinder und Jugendliche achten darauf, dass sie während ihrer Tätigkeit keine Kleidung tragen, die zu einer Sexualisierung der Atmosphäre im Schulalltag beiträgt (z. B. Kleidung, die den Blick auf die Brust oder Genitalien ermöglicht oder Kleidung, die Unterwäsche absichtlich betont).
3.4 Eltern und andere Personen in der Schule und im Nachmittagsbereich
- Unsere Schule öffnet um 7:30 Uhr die Eingangstüren und es gibt Aufsichten im gesamten Gebäude, ab 7:45 Uhr in den Klassen 5 und 6 auch im Klassenraum.
- Die vier Eingangsbereiche sind tagsüber zugänglich.
- Alle Mitarbeitenden sind aufgefordert, darauf zu achten, wer sich auf dem Schulgelände und in der Schule aufhält. Personen, die nicht zum regulären Schulbetrieb gehören, werden angesprochen, nach ihrem Anliegen befragt, müssen sich im Sekretariat anmelden oder werden gegebenenfalls gebeten, das Schulgelände zu verlassen.
- Im Nachmittagsbereich gibt es neben Unterricht insbesondere für jüngere Schüler auch Angebote wie z. B. das Silentium oder verschiedene Arbeitsgemeinschaften. Besonders in dieser Zeit sind alle Mitarbeitenden im Hause aufgefordert, die Aufsicht verantwortungsvoll zu führen und aufmerksam zu sein.
- In einem persönlichen Gespräch werden Personen, die unsere pädagogische Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen in der Schule unterstützen, (z. B. externe Musiklehrer, Gemeindepädagogen und Eltern) zum Inhalt des Verhaltenskodex belehrt und bestätigen die Kenntnisnahme durch ihre Unterschrift. Ebenso gilt dies für eine Verschwiegenheits- und Selbstverpflichtungserklärung.
3.5 Umgang mit Geschenken
- Mitarbeiterende machen den Kindern/Jugendlichen keine exklusiven Geschenke.
- Private Geldgeschäfte mit Kindern und Jugendlichen (z. B. Geld leihen, etwas kaufen oder verkaufen) sind nicht erlaubt.
- Die Annahme geringfügiger Aufmerksamkeiten ist erlaubt und ab einer Summe von 5 € gegenüber der Schulleitung transparent zu machen.
3.6 Medien und soziale Netzwerke
Der Umgang mit sozialen Netzwerken und Medien gehört zum Alltag. Kinder und Jugendliche werden in ihrer Medienkompetenz herausgefordert und gefördert. Der altersangemessene und professionelle Umgang schließt die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen, des Jugendschutzes und die Beachtung der Persönlichkeitsrechte ein. Sie erfolgt pädagogisch und altersadäquat.
- Es wird respektiert, wenn Kinder und Jugendliche nicht fotografiert oder gefilmt werden wollen. Die Veröffentlichung von Ton- und Bildaufnahmen bedarf der Zustimmung der Betroffenen bzw. der Sorgeberechtigten. Zu keinem Zeitpunkt dürfen Fotos oder Filme von Personen in unbekleidetem Zustand (z. B. beim Umziehen oder Duschen) oder in anzüglichen Posen gemacht werden.
- Filme, Fotos und andere Materialien werden pädagogisch sinnvoll und dem Alter und Entwicklungsstand der Schüler entsprechend für die Verwendung innerhalb der Klassen- oder Schulgemeinschaft ausgewählt.
- Mitarbeitende pflegen keine privaten Internetkontakte mit Kindern und Jugendlichen der Schule (z. B. soziale Netzwerke, E-Mail, WhatsApp). Sie grenzen sich von medialen Kontaktanfragen der ihnen anvertrauten jungen Menschen grundsätzlich ab.
- Zu Informations- und Organisationszwecken nutzen wir ausschließlich die Homepage, die dienstliche E-Mail-Adresse, das BernoNet, das Schulgebäude (Schaukästen und Aushänge).
- Diese Vereinbarungen gelten ebenso für Praktikanten. Sie werden gesondert belehrt und über die Verwendung von Bildmaterial aufgeklärt. Sie unterliegen der Schweigepflicht und Verschwiegenheit jeglicher Vorkommnisse innerhalb des Schulalltags.
- Alle am Schulleben Beteiligten sind verpflichtet, bei der Nutzung jeglicher Medien wie Handy, Kamera, Internetforen auf eine gewaltfreie und grenzverletzungsfreie Nutzung zu achten. Sie tragen Verantwortung dafür, dass Medien und soziale Netzwerke im schulischen Alltag nicht missbräuchlich verwendet werden. Sobald Anhaltspunkte für Zuwiderhandlungen vorliegen, ist aktiv einzuschreiten.
- Bei Klassenfahrten, Ausflügen und Exkursionen wird im Vorfeld die Nutzung von mobilen Geräten verbindlich geklärt.
4 Handlungsgrundlagen und Verfahrenswege
Handlungsfäden sollen dabei helfen, Zuständigkeits- und Verantwortungsbereiche zu berücksichtigen, überlegte Schritte einzuleiten und Handlungsweisen so zu planen, dass Gewalt verhindert und auch langfristig ein Schutz für Betroffene erzielt wird.
Persönliche Eignung der Mitarbeitenden
Die Don-Bosco-Schule muss ein sicherer Ort sein und dies muss durch alle Beschäftigten gewährleistet werden.
Bei der Personalauswahl und -einstellung wird klar kommuniziert, dass die Schule ein Ort des Lernens und Lebens ist, der Schutz vor Gewalt gewährleistet und an dem ein grenzwahrender Umgang miteinander selbstverständlich und selbstverpflichtend ist.
Nur fachlich kompetente Mitarbeitende – sowohl in ihrem Fachbereich als auch in der pädagogischen Arbeit – sind den Herausforderungen in der Schule gewachsen. Das Thema Gewaltprävention muss im Rahmen des Bewerbungs- und Einstellungsverfahrens ein Schwerpunkt sein. Unter anderem im Vorstellungsgespräch wird den Bewerbern verdeutlicht, dass sich der Schulträger mit den Gefährdungssituationen innerhalb des Schulalltags auseinandersetzt. Es wird zugunsten des Schutzes aller eine eindeutige Position eingenommen.
Das Schutzkonzept dient als Informationsbasis für Bewerber. So erhalten diese die Möglichkeit, sich mit den Maßnahmen zur Prävention von Gewalt auseinanderzusetzten.
Nach erfolgreichem Bewerbungsverfahren stellt die Schulleitung sicher, dass neue Beschäftigte in der Einarbeitungsphase bei der Umsetzung des Präventionskonzeptes beraten und begleitet werden. Dazu wird in regelmäßigen Abständen ein Workshop angeboten und es werden Kollegen ernannt, die darüber hinaus im Schulalltag Ansprechpartner sind. Die spezifischen räumlichen und personellen Strukturen werden dabei besonders in den Blick genommen. Hierbei steht auch das gesamte Kollegium neuen Mitarbeitenden beratend zur Seite.
Gemeinsame und wiederkehrende Beratungen und Schulungen zum Präventionskonzept beugen einer Überforderung Einzelner und so der Entstehung von Gewalt vor. Außerdem bedarf es einer regelmäßigen und begleiteten Evaluation.
Erweitertes Führungszeugnis und Selbstauskunftserklärung
Gesetzliche Voraussetzung für die Einstellung in den Schuldienst und die Beschäftigung in der Schule ist die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses. Alle Mitarbeitenden – auch kurzzeitig Mitwirkende wie Praktikanten oder externe Angestellte (z. B. Schulbegleiter) – müssen das Führungszeugnis nach Aufforderung durch den Dienstgeber vorlegen.
Neben dem behördlich ausgestellten Führungszeugnis unterzeichnen alle Mitarbeitenden der weiterführenden Don-Bosco-Schule entsprechend Nr. 3.1.2 der Rahmenordnung Prävention des Erzbistums Hamburg eine Selbstauskunftserklärung (vgl. Anhang 3).
Organisationsstruktur im Schulalltag
In der Regel ist eine Lehrkraft im Unterricht für eine Klasse allein zuständig und verantwortlich. Es gibt kollegialen Austausch außerhalb der Unterrichtszeiten, sodass in besonderen und herausfordernden Fällen Beratung und Unterstützung stattfinden können.
Darüber hinaus gibt es innerhalb des Schulalltags verschiedene Konstellationen der Zusammenarbeit in den unterschiedlichen Jahrgangsstufen. Sie kann wie folgt gestaltet werden:
- kollegiale Hospitation,
- Lehrerteams im Teilungsunterricht oder in der Förderung im gemeinsamen Unterricht,
- Lehrerteams aus Lehrern und Referendaren,
- Betreuung und Unterstützung von Schülern durch Beschäftigte im Freiwilligendienst,
- Anwesenheit von Schulbegleitern,
- Anwesenheit von Praktikanten im Rahmen des Lehramtsstudiums,
- Angebot von Arbeitsgemeinschaften mit externen Partnern,
- schulinterne Unterstützung von Schülern für Schüler (z. B. Lernhilfe, Aufsichten),
- externe Partner für Projekte (z. B. Ökohaus).
Diese Konstellationen sind idealerweise geeignet für eine individualisierte Arbeit mit den Kindern, müssen aber grundsätzlich gut abgestimmt und begleitet werden. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund der Prävention unerlässlich. (siehe dazu Punkt 2.3)
Kommunikationskultur und Kommunikationswege
In unserer Schule streben wir eine offene Gesprächskultur an, um zwischenmenschliche Probleme und Störungen im direkten Gespräch thematisieren zu können. Sollte es im direkten Gespräch zu keiner Lösung kommen, steht ein Netzwerk an Ansprechpartnern zur Verfügung und es gibt Verfahrenswege, die dann eingeleitet werden können.
Ansprechpartner sind neben der Schulleitung auch die Klassenlehrer, die gewählten Vertrauenslehrer, die Schulseelsorgerinnen und die Schulsozialarbeiterin. Darüber hinaus gibt es den Pädagogischen Ausschuss und ein Kriseninterventionsteam. Die Möglichkeiten der Lösungsfindung sind vielfältig. Sowohl ein Gespräch im geschützten Raum oder ein vertrauliches Gespräch in größerer Runde als auch das Hinzuziehen externer Beratungsstellen (siehe 7.3) sind möglich. Bei Straftatbeständen ist direkt die Polizei einzuschalten.
Externe Anlaufstellen bei Beschwerden sind das Referat Prävention und Intervention im Erzbistum Hamburg, das örtliche Jugendamt oder andere Beratungsstellen (z. B. bei der Caritas und Diakonie). Ebenso stehen unabhängige Ansprechpersonen für Fragen des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener in kirchlichen Einrichtungen zur Verfügung. (https://praevention-erzbistum-hamburg.de/Kontakt__22320)
Das Präventionskonzept wird konkretisiert durch verschiedene thematische Auseinandersetzungen auf unterrichtlicher Ebene, über die Elternarbeit bis hin zu Projekten mit verschiedensten externen Partnern.
5 Prävention
Das Thema der Gewaltprävention bedarf einer differenzierenden Sicht auf die Kinder und Jugendlichen und auf die Mitarbeitenden, um die unterschiedlichen Bedürfnisse und Rechte in den Blick zu nehmen.
5.1 Sensibilisierung, Aufklärung und Stärkung der Kinder und Jugendlichen
Ein entscheidendes Ziel schulischer Bildung neben den fachlichen Inhalten ist die Erziehung zu Selbstständigkeit und zur Übernahme von Verantwortung. Dabei spielt der sensible Umgang mit dem Thema Gewalt und vor allem der sexualisierten Gewalt ebenso eine entscheidende Rolle wie die Stärkung des Selbstwertgefühls, damit ein respektvoller Umgang gewährleistet wird.
Präventionsarbeit in der Schule verfolgt das Ziel, die Schüler durch eine bewusste Erziehungshaltung vor Grenzverletzungen zu schützen bzw. auf mögliche Gefahren hinzuweisen. Jungen und Mädchen müssen schon frühzeitig altersangemessene Informationen erhalten, die ihnen den Zugang zu Interventionen erleichtern, um sich besser schützen zu können und Hilfe einzuholen.
1. Kinder und Jugendliche werden gestärkt, indem sie ihre Meinung äußern können und an Entscheidungen beteiligt werden:
klassenintern |
|
klassenübergreifend |
|
Schulgemeinschaft |
|
2. Unterrichtsinterne Themen und Projekte zur Sensibilisierung und Aufklärung:
Unterrichtsthemen, zum Beispiel | Unterrichtsfach | Klasse |
Informatik, Mensch und Gesellschaft (Urheber- und Persönlichkeitsrechte) | Informatik | ab Kl. 5 v. a. Kl. 9 |
Vom Ich zum Wir | ev. Religion und VU[4] | 5 |
Beziehungen entdecken, sich verlieben – auf dem Weg zum Du | kath. Religion | 7 |
Aufklärungsunterricht | Biologie | 8 |
Macht und Recht | ev. Religion | 8 |
Menschen verfügen über Menschen – Ehrfurcht vor dem Geschenk des Lebens | kath. Religion | 9 |
Gewalt | ev. Religion | 10 |
Rassismus | Englisch | 10 |
Ethik | kath. Religion | 12 |
Projekte und Angebote, zum Beispiel | Durchführende | Jahrgangsstufe |
Medienscouts – Aufklärung über Gefahren im Umgang mit den Medien | Schulsozialarbeiterin und Schüler ab Klasse 9 | ab Kl. 5 |
Prävention sexualisierter Gewalt | Schulsozialarbeiterin | 8 |
Webinar Law for school | Schulsozialarbeiterin | ab Kl. 5 |
5.2 Prävention durch Kooperation mit den Eltern
Dem Konzept der Erziehungsgemeinschaft zwischen Schule und Elternhaus Rechnung tragend, findet die Thematik ebenfalls in der Elternarbeit der Schule Berücksichtigung. Die Eltern werden über Präventions- und Aufklärungsthemen im Rahmen von Elternversammlungen informiert und es gibt Vortragsangebote seitens des Schulvereins und externer Partner zu Familien- und Entwicklungsthemen.
Im Rahmen des Schulelternrats nehmen Eltern an Fachschaftssitzungen teil und können direkt Themen aufgreifen oder einbringen.
In individuellen Elterngesprächen geben die Pädagogen Hinweise zum Umgang mit Gewalt und vermitteln Kontakte zu Beratungsstellen.
Es werden außerdem Elternabende zum sicheren Umgang mit digitalen Medien angeboten.
5.3 Präventivberatung und professionelle Konzeptentwicklung
Alle Pädagogen sind verantwortlich für die Umsetzung von Präventionsmaßnahmen. Dafür braucht es entsprechende Schulungen durch Fachkräfte aus spezialisierten Beratungsstellen. Dies ist erforderlich, um einen unabhängigen Blick von außen zu bekommen, Gewohntes kritisch in den Blick zu nehmen und vor allem um das Präventionskonzept ständig professionell weiterzuentwickeln.
6 Sensibilisierung der Mitarbeitenden
6.1 Aus- und Fortbildung der Mitarbeitenden
Gemäß Nr. 3.6 der „Rahmenordnung Prävention“ nahmen im Jahr 2016 alle Mitarbeitenden der Schule an einer Präventionsschulung zum Themenbereich Prävention von Formen sexualisierter Gewalt teil. Diese ist regelmäßig aufzufrischen, angestrebt ist ein Turnus von fünf Jahren. Die Einrichtungen der Bernostiftung werden dabei vom Träger bei der Organisation und der Durchführung unterstützt. Zusätzlich werden alle Mitarbeitenden, die eine Tätigkeit bei der Bernostiftung mit pädagogischem Bezug aufnehmen, in einer Schulung in den Themenkomplex eingeführt.
Die Handreichung der Bernostiftung zum „Schutz des Kindeswohls bei sexualisierter Gewalt“ vom 01.03.2015 und das Rahmenschutzkonzept der Bernostiftung vom 15.07.2018 helfen zudem den Mitarbeitenden bei auftretenden Fragen weiter und geben entsprechende Verfahrenswege vor.
Angestrebt wird, das Personal aus pädagogischen und nicht-pädagogischen Wirkungsfeldern auf dieses Themenfeld aufmerksam zu machen und einen sensiblen und dennoch offenen Umgang zu ermöglichen. Im Sinne der Erziehungspartnerschaft zwischen Schule und Elternhaus wird die Prävention von sexuellem Missbrauch zudem in verschiedenen Projekten und Informations-veranstaltungen thematisiert.
6.2 Vertiefungsveranstaltungen für Mitarbeitende
Das Ziel von Fortbildungen im Sinne der Prävention muss sein, eine breite Sensibilisierung zur Reflexion des eigenen professionellen Handelns gegenüber den uns anvertrauten Heranwachsenden und im Miteinander aller Erwachsenen zu erreichen. Es geht darum, die Kultur der Achtsamkeit im Lebens- und Lernbereich Schule weiterzuentwickeln und insbesondere die pädagogischen Fachkräfte zu stärken, damit sie in schwierigen Situationen angemessen reagieren können.
Mögliche Themenbereiche von vertiefenden Fortbildungen können sein:
- (nonverbale) Kommunikation,
- Achtsamkeit im Schulalltag,
- Resilienz (Das 7-Säulen-Modell),
- Macht und Gewalt im Gefüge von Schule,
- Konfliktmanagement/Umgang mit Krisen.
7 Vorgehen in Verdachtsfällen und Handlungsleitfäden
Alle Präventionsmaßnahmen in einer Einrichtung, in der täglich mehrere hundert Personen miteinander zu tun haben, werden nicht verhindern, dass Gewalt stattfindet. Entscheidend ist, dass wir jegliche Form von Grenzverletzungen und Gewalt zu keinem Zeitpunkt hinnehmen. Es gilt, diese zu erkennen und deutlich zu reduzieren.
Gemäß den Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz vom 16.9.2013 melden die am Schulleben Beteiligten Fälle auf dem Dienstweg über die Schulleitung. Ziel ist es, bei Verdacht von Gewalt gegenüber einem Schutzbefohlenen entschieden vorzugehen und die Begleitung und den Schutz des Opfers sicherzustellen. Alle an der Schule Tätigen verpflichten sich, dieses Ziel durch das Unterzeichnen unseres Verhaltenskodexes zu erreichen.
7.1 Ansprechpersonen
Alle in unserer Schule Beschäftigten haben grundsätzlich ein offenes Ohr, aber insbesondere die Klassenlehrer, Vertrauenslehrer, Seelsorgerinnen und die Schulsozialarbeiterin sind Ansprechpartner in Verdachtsmomenten und bei konkreten Vorfällen. Es findet ein regelmäßiger Austausch statt, um Vorgehensweisen abzustimmen, erste Schritte einzuleiten und gegebenenfalls externe Hilfe dazuzuholen.
7.2 Standardisierter Verfahrensablauf bei Verdacht auf Gewalt oder/und sexuellen Missbrauch
Wenn es zu Äußerungen über Vorfälle kommt, ist es wichtig, dass grundsätzlich jeder Fall individuell bearbeitet und die gebotene Verschwiegenheit eingehalten wird. Nur diejenigen Personen werden in Kenntnis gesetzt, die von der Schulleitung bzw. dem Erzbistum beauftragt sind. (https://praevention-erzbistum-hamburg.de/Kontakt__22320)
In einem Verdachtsfall orientieren wir uns an den Handlungsempfehlungen in der von der Fachstelle Kinder- und Jugendschutz im Erzbistum Hamburg herausgegebenen Arbeitshilfe „Hinsehen–Handeln–Schützen“ (S. 90-97).
Für alle Kollegen zugänglich hängt im Verwaltungstrakt die Handreichung der Bernostiftung zum „Schutz des Kindeswohls bei sexualisierter Gewalt“. (vgl. Anhang)
7.3 Handlungsleitfäden
Hilfestellung zu Gesprächen
Oberstes Gebot ist immer: Ruhe bewahren und nicht in Panik geraten! Die nachfolgenden Worte sind nicht als Gebot oder Anordnung zu verstehen, sondern dienen lediglich dem Verständnis einer Gesprächssituation.
In Bezug auf die Betroffene/den Betroffenen:
- Signalisieren Sie ihr/ihm, dass Sie mit dem Gesagten vertraulich umgehen.
- Nehmen Sie sich Zeit, vereinbaren Sie ggf. einen erneuten, zeitnahen Gesprächstermin.
- Ermutigen Sie die Betroffene/den Betroffenen zu erzählen, bohren Sie aber auch nicht nach. Das Tempo soll vom Opfer bestimmt werden.
- Signalisieren Sie, dass alle Gefühle, wie z. B. Wut, Enttäuschung etc. erlaubt sind.
- Üben Sie keine Kritik, sondern bestätigen und ermutigen Sie das Opfer, dass es jetzt spricht.
- Helfen Sie dem Opfer aus einer eventuellen Isolation heraus.
- Verschaffen Sie dem Opfer Klarheit und Übersicht in altersgerechter Art und Weise.
- Zeigen Sie Verständnis für den Wunsch des Opfers, die Tat geheim halten zu wollen, aber erklären Sie einsichtig, weshalb Sie diesem Wunsch nicht nachkommen dürfen und dass diese Regelung besteht, um das Wohl des Opfers zu schützen.
- Versuchen Sie, das Einverständnis des Opfers für Ihre Handlungsschritte zu erlangen. Gefährden Sie möglichst nicht die Tragfähigkeit des Vertrauensverhältnisses.
In Bezug auf die eigene Haltung:
- Ihr Auftrag ist es nicht, Beweise für eine Straftat zu sammeln. Oft reicht es schon, zuzuhören.
- Übertragen Sie aufkommende eigene Gefühle nicht auf das Opfer. Dieses braucht einen ruhigen und sicheren Erwachsenen.
- Nichts überstürzen. Suchen Sie nach Strategien, die nötige Zeit zu gewinnen und Schutzräume zu schaffen.
- Finden Sie eine Sprache, die das Opfer versteht.
Handlungsabfolge bei gewichtigen Anhaltspunkten auf Kindeswohlgefährdung
- vermutlich innerhalb der Schule -
Information an die Schulleitung. Zusage der zeitnahen, unvoreingenommenen, vorbehaltlosen Aufklärung, ggf. Vereinbarung der Vertraulichkeit für 24 Stunden. Keine überstürzten Aktivitäten! |
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Schulleiter und ggf. Schul-sozialarbeiter befragen betroffenen Schüler mit mindestens einem Erziehungsberechtigten! und dem Mitarbeiter, dem er sich anvertraut hat. Bei der Befragung von weib-lichen Personen möglichst ein weib-liches SL-Mitglied mit einbeziehen, bei männlichen Betroffenen ein männliches SL-Mitglied hinzuziehen!
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Einbestellung der unter Verdacht geratenen Person und Darlegung des geäußerten Verdachts mit der Bitte um Stellungnahme. Dem Betroffenen anbieten, eine Person des Vertrauens oder auch einen Rechtsbeistand mitzubringen. Bei der Befragung von weiblichen Personen möglichst ein weibliches SL-Mitglied mit einbeziehen, bei männlichen Betroffenen ein männliches SL-Mitglied hinzuziehen!
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bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung außerhalb sexuellem Missbrauchs
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Reihen-folge wird im Einzelfall ent- |
Schulleiter informiert mündlich und schriftlich den Schulträger. Im Fall von abgeordneten / beurlaubten Landesbediensteten wird das staatliche Schulamt vom Schulträger eingeschaltet.
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Handlungsabfolge bei gewichtigen Anhaltspunkten auf Kindeswohlgefährdung
- vermutlich außerhalb der Schule -
Zeitnaher Austausch im Pädagogischen Ausschuss, ob es ähnliche |
Einschätzungen werden nicht geteilt. Weiter beobachten!
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Gemeinsame Einschätzung von Mitarbeitern und der Schulleitung, dass entsprechende Anhaltspunkte vorliegen.
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Information an Schulträger
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Eltern kommen als Täter Klassenlehrer spricht mit den Eltern, informiert über Hilfeangebote, motiviert Hilfen in Anspruch zu nehmen. |
Eltern kommen als Täter in Frage: Einbeziehen der Fachberatungsstelle. Weitere Hilfsmaßnahmen in Absprache mit der Fachberatung. |
Ressourcen der Eltern reichen aus, Auffälligkeiten beim Kind ändern sich, Hilfen werden angenommen, keine weitere Veranlassung.
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Auffälligkeiten beim Kind ändern sich nicht. Überprüfung, ob Hilfe angenommen wurde. Zur Unterstützung des eigenen professionellen Verhaltens sollte eine Fachberatung durch eine Beratungsstelle – auch anonyme Beratung möglich – eingeschaltet werden.
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Verdacht verdichtet sich, es liegen gewichtige Anhaltspunkte für Kindeswohlgefährdung vor. |
Es liegt eine akute Kindeswohlgefährdung vor, da der Schüler darüber spricht oder er eindeutige Verletzungen aufweist. |
Einschalten des Jugendamtes mit allen erforderlichen Daten, Beobachtungen und Einschätzungen. Eltern über die Weitergabe der Daten informieren, wenn damit nicht eine akute Gefährdung des Kindes verbunden ist.
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Falls das Jugendamt nicht zu erreichen ist, die Polizei benachrichtigen. Die Polizei unterliegt dem Strafverfolgungszwang und muss Strafanzeige stellen, auch gegen den Willen oder ohne vorheriges Wissen des Betroffenen. |
Jugendamt wird aktiv und spricht die nächsten Schritte mit der Schule ab, Fallberatung mit Eltern, Lehrkräften, Mitarbeitern, Schulleitung. Grundsatz: Was ist für das Opfer die sinnvollste weitere Vorgehensweise? |
Jugendamt leitet unmittelbar die weiteren Maßnahmen ein. |
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8 Qualitätsmanagement und nachhaltige Aufarbeitung
Der Träger gewährleistet die Implementierung des Themas Prävention im schulischen Alltag.
Eine Überprüfung des Institutionellen Schutzkonzeptes findet spätestens nach fünf Jahren im Schuljahr 2025/26 statt.
Gewalt und Missbrauch sind nicht auf das Täter-Opfer-Geschehen reduzierbar. Das gesamte System Schule mit allen Beteiligten ist betroffen.
Eine handlungssichere, an respektvollem, wertschätzenden Miteinander orientierte Bearbeitung von Beschwerden, ein klar kommuniziertes Regelwerk und ein Beschwerdemanagement, das auf Verstöße konsequent reagiert, ist die wirkungsvollste Prävention.
Klare Strukturen und Verantwortlichkeiten erschweren es potenziellen Tätern, Grenzen zu verschieben und das Umfeld zu manipulieren.
Das Schutzkonzept wurde wie folgt vorgestellt, diskutiert und verabschiedet:
Lehrerkonferenz: 24.08.2023,
Schulelternrat: 10.06.2024,
Schulkonferenz: 17.06.2024.
9 Quellenverzeichnis
- juraforum. lexikon, 2020
- „Rahmenordnung – Prävention gegen sexualisierte Gewalt an Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“ vom 28. November 2019
- Arbeitshilfe Hinsehen-Handeln-Schützen, Prävention im Erzbistum Hamburg, Hrsg. Fachstelle Kinder –und Jugendschutz, 2018
- Checkliste KWG, Start gemeinnützige Beratungsgesellschaft mbH, Rostock 2019
- ZARTBITTER e.V., Kontakt- und Informationsstelle gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und Jungen, Köln, 2010
[1]vgl. JuraForum.de, 2020
[2] vgl. ZARTBITTER e.V., Kontakt- und Informationsstelle gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und Jungen, Köln, 2010
[3] vgl. Institutionelles Schutzkonzept des Referats Kinder und Jugend und seiner Fachbereiche im Erzbistum Hamburg. S. 5
[4] VU ist der vernetzte Unterricht aus den Fächern Geschichte, Geographie und Biologie in den Jahrgangsstufen 5 und 6